Swedbank verweigert Transparenz bei automatischer Zinsberechnung

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 /  Thu, 27.02.2025 - 07:00

Mehr und mehr Banken legen ihre Zinssätze heutzutage vollständig automatisiert fest. Das Problem hierbei: selbst die kleinsten Abweichungen können Konsument:innen Tausende Euro kosten. Deshalb unterliegen Unternehmen, die solch ein automatisiertes System nutzen wollen, laut EU-Recht strengen Auflagen. Diese sollen sicherstellen, dass das Grundrecht auf Datenschutz gewährleistet wird. So müssen Banken ihren Kund:innen z.B. „aussagekräftige Informationen über die involvierte Logik“ bei der Berechnung ihres Zinssatzes bereitstellen. Einige Banken halten sich aber nicht daran: Swedbank (eine der größten Banken Schwedens) behauptet stattdessen fälschlicherweise, dass die Berechnung ein „Geschäftsgeheimnis“ sei. noyb hat nun eine Beschwerde bei der schwedischen Datenschutzbehörde eingereicht.

Swedbank Complaint

Immer schlechtere Bedingungen. Dank niedriger Zinsen und geringer Inflation konnten europäische Bürger:innen viele Jahre lang Kredite zu attraktiven Konditionen aufnehmen. In Schweden lag dies z.B. daran, dass der Zinssatz der Nationalbank (Riksbank) – der den aktuellen Zinssatz der schwedischen Banken steuert – zumindest zwischen Mai 2015 und Mai 2022 nicht über 0% lag. Dann brach jedoch der Ukraine-Krieg aus, was die Riksbank zwang, den Zinssatz zu erhöhen. Andere Banken folgten – und schwedische Haushalte waren plötzlich mit deutlich höheren Wohnkosten konfrontiert. Das treibt immer mehr Menschen in die Verschuldung. Mit € 42.000 pro Person hat Schweden mit die höchsten Haushaltsschulden in der EU. Gleichzeitig verzeichnen schwedische Banken immer höhere Margen bei Hypotheken.

Joakim Söderberg, Datenschutzjurist bei noyb: „Die steigenden Lebenshaltungskosten sind derzeit eines der größten Themen in Schweden. Einen großen Teil –vielleicht sogar den größten – machen hier Hypotheken aus. Banken sollten zumindest ihren DSGVO-Verpflichtungen nachkommen und die Kreditberechnung transparent gestalten. Stattdessen weigern sie sich, das Grundrecht auf Datenschutz der Menschen zu respektieren.“

Transparenz per Gesetz vorgeschrieben. Was dieses Thema betrifft, hat Schweden ein großes Problem: Die Banken legen ihre Zinssätze in der Regel vollautomatisch und ohne menschliches Zutun fest. Dies macht es für Verbraucher:innen schwierig, mehr über die Berechnung des Zinssatzes zu erfahren. Genau aus diesem Grund schreibt das EU-Recht strenge Transparenzregeln für den Einsatz von Systemen zur automatischen Entscheidungsfindung vor: Gemäß Artikel 15(1)(h) DSGVO müssen Unternehmen „aussagekräftige Informationen über die involvierte Logik“ bereitstellen, die bei den Berechnungen eines solchen Systems zum Einsatz kam. In der Realität werden Banken durchaus kreativ, um ihren Verpflichtungen zu entkommen: Swedbank lehnte z.B. das Auskunftsersuchen einer betroffenen Person ab – und behauptete (fälschlicherweise), dass die Logik hinter ihrer Zinsberechnung ein „Geschäftsgeheimnis“ sei.

Aber Transparenz ist hier sehr wichtig. Selbst die kleinste Änderung des Zinssatzes kann  für Verbraucher:innen schwerwiegende Folgen haben. Zur Veranschaulichung des Problems: Bei einem Kredit über € 300.000 mit einer Laufzeit von 15 Jahren und einem Zinssatz von 4 % beträgt die monatliche Kreditrate € 2.208. Steigt der Zinssatz plötzlich auf 4,5 %, erhöht sich die monatliche Rate auf € 2.281, also um € 73 mehr pro Monat für 15 Jahre. Insgesamt belaufen sich die Mehrkosten also auf € 13.140.

Joakim Söderberg, Datenschutzjurist bei noyb: „Swedbank untergräbt mit ihrer Behauptung, dass es sich bei der Zinssatzberechnung um ein Geschäftsgeheimnis handelt, das Gesetz und das Vertrauen ihrer Kund:innen. Die Frage ist: Wie können wir als Verbraucher:innen wissen, dass wir fair behandelt werden – wenn wir eigentlich gar nicht wissen, wie wir behandelt werden?“

Ein vermeintliches Geschäftsgeheimnis, das eigentlich gar keines ist. Sowohl nach schwedischem als auch nach EU-Recht gilt eine Information nur dann als Geschäftsgeheimnis, wenn ihre Offenlegung den Wettbewerbern wahrscheinlich einen Vorteil verschaffen würde. Ist die Information bereits öffentlich verfügbar, weiß die Konkurrenz also schon Bescheid. Dies ist bei Zinssätzen der Fall: Transparenz bei der Vergabe von Wohnkrediten ist in der EU-Richtlinie über Wohnimmobilienkreditverträge geregelt. Diese enthält wortwörtlich die Formel zur Berechnung von Kreditzinsen. Darüber hinaus besagt das schwedische Konsumentenkreditgesetz – in direktem Bezug auf die EU-Richtlinie – dass Menschen ein Anrecht auf Informationen über die Berechnung ihres Zinssatzes haben, wenn dieser auf einem Referenzzinssatz beruht (wie dem Leitzins der Riksbank). Verbraucher:innen sollen dadurch eine fundierte Entscheidung darüber treffen können, wo sie Geld leihen. Außerdem soll dies ermöglichen, falsche oder unvollständige Daten zu korrigieren, die zu höheren Zinssätzen führen.

Beschwerde in Schweden eingereicht. noyb hat daher eine Beschwerde bei der schwedischen Datenschutzbehörde (IMY) eingereicht und fordert eine vollständige Untersuchung des Falls. noyb fordert Swedbank außerdem auf, der betroffenen Person vollständigen Zugang zu der Logik zu gewähren, die für die Berechnung ihres Hypothekenzinses verwendeten wurde. Darüber hinaus sollte Swedbank entsprechende Verfahren implementieren, um in Zukunft angemessen auf Auskunftsersuchen reagieren zu können. Nicht zuletzt schlägt noyb der IMY vor, eine Verwaltungsstrafe zu verhängen, um ähnliche Verstöße in Zukunft zu verhindern.

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