Meta plant offenbar Wechsel zu "Pay for your Rights"-Ansatz
Wie das Wall Street Journal berichtet, plant Meta den Wechsel zu einem "Pay for your Rights"-Modell. EU-Nutzer:innen müssten dann 168 Dollar pro Jahr (160 € pro Jahr) zahlen, wenn sie ihr Grundrecht auf Datenschutz auf Instagram, Facebook und Co nicht aufgeben wollen. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Metas Aufsichtsbehörde – also die irische Datenschutzbehörde DPC – wahrscheinlich jedem Versuch, die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zu umgehen, zustimmen dürfte. Darüber hinaus stützt sich das Unternehmen auf sechs Worte aus einem aktuellen Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH).
Zahlen für die eigenen Rechte. Um in den Genuss ihrer Grundrechte nach EU-Recht zu kommen, schlägt Meta europäischen Nutzer:innen nun vor, 14 Dollar pro Monat oder satte 168 Dollar (160 €) pro Jahr zu bezahlen. Diesem Schritt ging ein erfolgreicher Rechtsstreit von noyb voraus, in dem der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) Metas vorherige Umgehung der Einwilligung für illegal erklärte. Der EuGH bestätigte später in der Rechtssache C-252/21 Bundeskartellamt die Auffassung des EDSA. Das bedeutet, dass die Nutzung personenbezogener Daten durch Meta in der EU zumindest zwischen 2018 und 2023 rechtswidrig war.
Max Schrems:"Grundrechte sind nicht käuflich. Sollen wir demnächst für das Wahlrecht oder das Recht auf freie Meinungsäußerung bezahlen? Das würde bedeuten, dass nur die Reichen in den Genuss dieser Rechte kommen, und das in einer Zeit, in der viele Menschen um ihr Auskommen kämpfen. Ein solches Konzept im Bereich des Rechts auf Datenschutz einzuführen, stellt einen Dammbruch dar. Wir würden dies vor Gericht bekämpfen."
6 Wörter eines "obiter dictum" des EuGH. Für die Einführung dieses Modells scheint sich Meta auf sechs Wörter eines EuGH-Urteils zu stützen. In diesem wurde festgestellt, dass Metas DSGVO-Ansatz seit 2018 rechtswidrig war und dass alle aktuellen Versuche, eine "Rechtsgrundlage" für die Verarbeitung gemäß Artikel 6 der DSGVO zu finden, rechtswidrig waren. In Absatz 150 des Urteils wurde allerdings ein kleiner Satz eingefügt, laut dem es eine Alternative zu Werbeanzeigen geben muss, "wenn nötig gegen eine angemessene Gebühr". Es scheint, dass Meta sich nun auf diese sechs Worte des Urteils stützt, um eine Gebühr von 160 € pro Jahr zu verlangen, wenn Nutzer:innen der Verwendung ihrer persönlichen Daten nicht zustimmen wollen. Bei diesen sechs Worten handelt es sich um ein so genanntes "obiter dictum", eine zusätzliche Erwägung eines Gerichts, die nicht direkt mit dem Fall zusammenhängt und normalerweise nicht bindend ist. Im Allgemeinen sind nur die "Feststellungen" der EuGH-Urteile verbindlich. Es ist daher nicht klar, ob sich der EuGH an diese sechs Worte halten wird, wenn ihn Metas neuer Ansatz erreichen wird.
Max Schrems:"Der EuGH hat gesagt, dass die Alternative zu Werbeanzeigen 'notwendig' und die Gebühr 'angemessen' sein muss. Ich glaube nicht, dass sie damit 160 Euro pro Jahr im Sinn hatten. Bei diesen sechs Worten handelt es sich um ein 'obiter dictum', ein unverbindliches Element, das über den Kernfall vor dem EuGH hinausging. Für Meta ist dies nicht gerade die verlässlichste Stütze und wir werden uns klar gegen einen solchen Ansatz wehren."
Hat der Journalismus die Tür für Big Tech geöffnet? Die Idee eines "Pay or Okay"-Ansatzes wurde erstmals von der österreichischen Zeitung "Der Standard" eingeführt. Sie stellten die Nutzer:innen vor die Wahl, entweder der Verarbeitung persönlicher Daten für Werbezwecke zuzustimmen oder eine Gebühr von 8,90 € pro Monat (107 € pro Jahr) zu bezahlen. Offenbar sahen die Datenschutzbehörden (zunächst in Österreich, dann in Deutschland und jetzt auch in Frankreich) in diesem Ansatz eine Möglichkeit, journalistische Webseiten zu unterstützen, die unter dem Verlust von Werbeeinnahmen an große Technologieplattformen wie Google oder Meta leiden. Zumindest Meta scheint diesen Ansatz nun selbst übernehmen zu wollen. Die DSGVO sieht keine gesonderten Regeln für Medienunternehmen vor, wenn es um die Einwilligung geht. Solche würden es ermöglichen, dass nur sie einen "Pay or Okay"-Ansatz verwenden dürfen.
Max Schrems:"Die Regulierungsbehörden haben "Pay or Okay"-Modelle einst zugelassen, um den Journalismus in Zeiten zu unterstützen, in denen Werbeeinnahmen von Google, Meta und Co. aufgesaugt wurden. Jetzt wird dieses Schlupfloch von Big Tech genutzt."