DSGVO-Beschwerde: Airbnb-Hosts auf Gnade der Algorithmen angewiesen
Heute reichte noyb.eu eine DSGVO-Beschwerde gegen Airbnb ein. Der Online-Marktplatz für Ferienvermietungen hat die Bewertung der Beschwerdeführerin herabgestuft, und zwar ausschließlich durch automatisierte Entscheidungsfindung. Jeder Mensch hat das Recht, nicht einer automatisierten Entscheidungsfindung unterworfen zu werden, Airbnb setzt jedoch genau auf diese Praktiken. Airbnb hat der Beschwerdeführerin die Möglichkeit verweigerte, die automatisierte Entscheidung von Menschen überprüfen zu lassen und damit eindeutig gegen die Datenschutz-Grundverordnung verstoßen.
- Beschwerde gegen Airbnb bei der Landesdatenschutzbehörde Rheinland-Pfalz (EN)
- Beschwerde gegen Airbnb bei der Landesdatenschutzbehörde Rheinland-Pfalz (DE)
Schutzmaßnahmen gegen automatisierte Entscheidungsfindung. Die automatisierte Entscheidungsfindung (ADM) ist in der DSGVO streng geregelt, um Menschen vor unfairen Entscheidungen von z.B. Algorithmen zu schützen. Nach Artikel 22 (3) DSGVO hat die betroffene Person das Recht, ihren Standpunkt darzulegen, die automatisierte Entscheidung anzufechten und eine sinnvolle menschliche Intervention zu erhalten. In diesem Fall hat Airbnb die Gastgeberin weder ordnungsgemäß über die Existenz solcher ADM informiert, noch ihr die Möglichkeit gegeben, die Entscheidung wirksam anzufechten. Dies führte zu einem erheblichen finanziellen Verlust für die Gastgeberin.
Bewertungen bestimmen "Superhost" Status. Auf Airbnb können sich Gastgeber:innen mit potenziellen Gästen verbinden. Nach jedem Aufenthalt geben die Gäste eine Bewertung von einem bis fünf Sternen ab. Unterkünfte mit guten Bewertungen werden stärker gebucht, weshalb Bewertungenfür Airbnb-Gastgeber:innen besonders wichtig sind. Bei einer Durchschnittsbewertung von 4,8 Sternen werden sie zu "Superhosts" - was viele Vorteile mit sich bringt, z. B. eine höhere Reichweite auf der Plattform, höhere Gesamteinnahmen aus der Vermietung und einen Reisegutschein im Wert von 100 € pro Jahr.
Algorithmen überprüfen Bewertungen. Da jeden Tag Tausende von Bewertungen abgegeben werden, überprüfen bei Airbnb Algorithmen, ob diese Bewertungen mit der Bewertungsrichtlinie übereinstimmen. Irrelevante oder unausgewogene Bewertungen werden von diesen Algorithmen automatisch gelöscht. Fehler können jedoch starke Folgen für Airbnb-Hosts haben: Wenn 5-Sterne-Bewertungen irrtümlich gelöscht werden, könnten sie ihren Superhost-Status und alle damit verbundenen Vorteile verlieren - so wie im konkreten Fall der Beschwerdeführerin.
"Ein unerreichbarer Entscheidungsträger kann eine "einfache" Bewertung auf einer Plattform löschen. Aber in anderen Fällen senken Algorithmen automatisch die Bonität einer Person, bewerten die Arbeitsleistung oder entlassen Beschäftigte. Dieses Risiko gehen wir ein, wenn Algorithmen nicht grundsätzlich transparent gestaltet sind und Unternehmen für deren Entscheidungen Rechenschaft ablegen müssen " - Stefano Rossetti, Datenschutzjurist bei noyb.eu
Bewertungen werden von Airbnb automatisch gelöscht. Im Fall der Beschwerdeführerin wurde eine Fünf-Sterne-Bewertung automatisch gelöscht, wodurch ihre Gesamtbewertung herabgestuft wurde. Sie fechtete die Entscheidung unmittelbar an, doch Airbnb antwortete lediglich, dass die Löschung "endgültig" sei. Daraufhin wandte sich die Gastgeberin an die Datenschutzbeauftragten von Airbnb, um mehr Informationen über die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten und die automatische Löschung von Bewertungen zu erhalten. Bis heute, 1,5 Jahre nach ihrem Antrag auf Auskunft, hat sie noch immer keine Antwort von Airbnb erhalten. Nach der DSGVO hat das Unternehmen für eine Antwort einen Monat Zeit.
"Für Airbnb ist das Löschen von Bewertungen reine Routine. Aber für mich kann es ernsthafte Auswirkungen haben. Wenn sie ein echter Partner wären, würden sie ihre Gastgeber:innen nicht so behandeln. Ich möchte nicht in einer Welt leben, in der ein Teil meines Lebensunterhalts von der Entscheidung eines Algorithmus abhängt" - July (alias), die Beschwerdeführerin in diesem Fall
Hosts von Gnade der Algorithmen abhängig. Das System von Airbnb, bei dem Algorithmen die Plattformen überwachen und Bewertungen automatisch und ohne menschliches Eingreifen löschen, ist eine Form der automatisierten Entscheidungsfindung, die erhebliche Auswirkungen auf Airbnb-Hosts haben kann. Nach der DSGVO hat jede Person, die von einer automatisierten Entscheidungsfindung betroffen ist, das Recht, die Entscheidung anzufechten und eine aussagekräftige menschliche Überprüfung ihres Falls zu erhalten, bei der alle relevanten Umstände berücksichtigt werden. Airbnb hält sich eindeutig nicht an diese Standards. Die Hosts sind daher den Algorithmen ausgeliefert, ohne eine echte Möglichkeit sich zu wehren. Ähnliche Algorithmen beherrschen auch das Leben und die Arbeit vieler anderer Beschäftigten in der "Gig-Economy", wie z.B. Uber-Fahrer:innen oder Zusteller:innen.