Das weltweit größte Soziale Netzwerk glaubt einen Weg gefunden zu haben um die strengen europäischen Datenschutzregeln zu umgehen. In der Verhandlung vor dem Landesgericht Wien am 11.11.2019 gab Facebook nun offen zu, dass es seit Einführung der DSGVO am 25.5.2018 ohne der Einwilligung der Nutzer*innen Daten sammelt und auswertet.
Nach der DSGVO gibt es neben der Einwilligung auch die Möglichkeit Daten zur „Erfüllung eines Vertrags“ zu verarbeiten. Facebook behauptet nun einen solchen „Werbe-Vertrag“ mit Nutzer*innen geschlossen zu haben, die laut Facebook „personalisierte Werbung“ bestellt hätten.
Katharina Raabe-Stuppnig, Kanzlei Lansky, Ganzger und Partner (Anwältin des Klägers): „Facebook sagt nun, dass sie keine Einwilligung für die Verwendung der Daten brauchen, weil die Nutzer Werbung bestellt hätten“. Werbung auf Facebook soll nun einen wichtigen Teil des ‚Leistungsversprechens‘ darstellen. Als käme es den Nutzer*innen darauf an.
Raabe: „Das ist eine reine Schutzbehauptung von Facebook.“ Zum Beweis, dass kein Mensch von Facebook Werbung bestellt hat, wurde sogar eine neutrale Studie des Gallup-Instituts eingeholt. Das Ergebnis ist für Facebook verheerend: Nur 4% der Nutzer*innen wollen wirklich Werbung, 96% werden zwangsbeglückt. Raabe: „Von einer bestellten ‚Leistung‘ an den Nutzer kann nicht die Rede sein. Wenn Facebook Nutzerinteressen hochrechnen und die Leute im Netz verfolgen will, geht das nur mit Einwilligung der Nutzer. Alles andere wäre eine Umgehung der DSGVO.“
Facebook’s Privacy Director im Zeugenstand
Cecilia Álvarez (Privacy Policy Director von Facebook EMEA) wurde schon von der Wiener Richterin einvernommen. Zu vielen Fragen machte sie jedoch keine Angaben. Ihr fehle das technische Verständnis, zumindest so argumentierten die Anwälte von Facebook.
Max Schrems (Kläger): „Facebook argumentiert jeder Nutzer würde hier wissen auf was er sich einlässt – aber nicht mal die oberste Datenschützerin von Facebook kann erklären was der Konzern genau mit unseren Daten macht. Das ist schon besonders absurd.“
Die wirklich harten Fragen der Kläger sind jedoch erst im Februar dran, denn bis dahin wurde die Verhandlung und damit auch die Einvernahme der Facebook-Zeug*innen vertagt.
Hauptpunkte des Verfahrens
(1) Eine Grundsatzfrage ist, wem die Daten auf Facebook „gehören“ und wer damit „Verantwortlicher“ für verschiedene Funktionen ist. Facebook nimmt bisher die Haltung ein, dass bei Problemen mit Daten, zum Beispiel falls ein Foto gegen das Urheberrecht verstößt, der Nutzer*innen verantwortlich sein solle, bei der Auswertung und Verwendung der Daten jedoch allein Facebook verantwortlich sei.
(2) Weiters umgeht Facebook die strengen Anforderungen zur Einwilligung in der DSGVO indem sie die Einwilligung in die Nutzungsbedingungen verschoben haben. Facebook ist nun der Meinung, dass mit diesem Trick die Einwilligungsregelen der DSGVO für sie nicht mehr gelten.
(3) Außerdem gibt Facebook seit Jahren den Nutzer*innen keine vollständige Kopie der gesammelten Daten, obwohl alle Nutzer*innen ein Recht darauf sowie auf eine Erklärung ihrer Daten haben. Der Prozess wird hoffentlich zu Tage bringen, was Facebook alles über Nutzer*innen speichert.
Facebook behauptet eine Umsetzung dieser Punkte würde einem „Gesamtumbau“ der Plattform gleichen. Das sieht auch der Kläger so: „Wenn wir durchdringen, dann muss Facebook seine Plattform der DSGVO anpassen und Nutzern echte Wahlrechte geben. Das ist unser Ziel.“