EuGH erklärt Meta/Facebook's DSGVO-Ansatz weitgehend für illegal

Tue, 04.07.2023 - 08:46

Die DSGVO lässt sechs Rechtsgrundlagen für die Verarbeitung personenbezogener Daten zu. Der EuGH hat heute im Fall Meta gegen Bundeskartellamt über alle sechs Rechtsgrundlagen entschieden und damit die Auslegung der DSGVO weiter verdeutlicht. Der EuGH hat Meta weitgehend die Möglichkeit genommen, personenbezogene Daten über das hinaus zu verwenden, was für die Bereitstellung des Kernprodukts (z. B. Nachrichten oder gemeinsame Nutzung von Inhalten) unbedingt erforderlich ist - alle anderen Verarbeitungen (z.B. Werbung und gemeinsame Nutzung personenbezogener Daten) erfordern die freie Zustimmung der Nutzer:innen.

Meta Logo with checkboxes

Erste Stellungnahme. noyb muss die Einzelheiten dieses umfangreichen Urteils noch studieren. Aus dem Urteil geht hervor, dass Meta/Facebook sich für ihre profitablen Tätigkeiten ausschließlich auf Einwilligung der Nutzer:innen berufen kann.

Max Schrems:"Wir begrüßen das Urteil des EuGH. Damit ist klargestellt, dass Meta die DSGVO nicht einfach mit ein paar Paragraphen in seinen Dokumenten umgehen kann. Das bedeutet, dass Meta eine ordnungsgemäße Einwilligung einholen muss und seine marktbeherrschende Stellung nicht ausnutzen darf, um Nutzer zu etwas zu zwingen. Dieses Urteil wird sich auch positiv auf anhängige Rechtsstreitigkeiten zwischen noyb und Meta in Irland auswirken."

Meta wollte die DSGVO "umgehen". Artikel 6 Absatz 1 DSGVO lässt sechs Rechtsgrundlagen für die Verarbeitung von Daten zu. Eine davon ist die Einwilligung, aber Meta wollte keine Einwilligung einholen (diese kann z.B. widerrufen werden) sondern hat versucht, mittels der anderen fünf Rechtsgrundlagen die Einwilligung zu umgehen. Der EuGH hat sich im Wesentlichen mit allen diesen Rechtsgrundlagen befasst und in seinem Urteil Artikel 6(1)(a) bis hin zu Buchstabe f zitiert. Um die Verpflichtung zu umgehen, eine Einwilligung für Tracking und Online-Werbung einzuholen, hat Meta argumentiert, dass die Werbung Teil des "Dienstes" ist, den es den Nutzer:innen vertraglich schuldet. Der angebliche Wechsel der Rechtsgrundlage erfolgte genau am 25. Mai 2018 um Mitternacht, als die DSGVO in Kraft trat. Die sogenannte "vertragliche Notwendigkeit" nach Artikel 6 (1)(b) wird in der Regel eng interpretiert und würde es z.B. einem Online-Shop erlauben, die Adresse an einen Postdienstleister weiterzuleiten, da dies für die Zustellung einer Bestellung unbedingt erforderlich ist. Meta vertrat jedoch die Ansicht, dass es einfach beliebige Elemente in den Vertrag einfügen könnte (z.B. personalisierte Werbung), um eine Ja/Nein-Einwilligungsoption für die Nutzer zu vermeiden.

Max Schrems:"Anstatt eine Ja/Nein-Option für personalisierte Werbung zu haben, haben sie die Einwilligungsklausel einfach in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verschoben. Das ist nicht nur unfair, sondern eindeutig illegal. Uns ist kein anderes Unternehmen bekannt, das auf derart arrogante Art und Weise die DSGVO ignoriert."

Meta wechselte zum "berechtigten Interesse". Nach dem Urteil des Europäischen Datenschutzausschusses, das die "Umgehung" gemäß Artikel 6(1)(b) verbietet, ist Meta in diesem Frühjahr zu Artikel 6(1)(f) DSGVO übergegangen. Der EuGH scheint nun auch Metas Hoffnungen auf ein sogenanntes "berechtigtes Interesse" für die Werbung nach Artikel 6(1)(f) DSGVO zu zerstören. Der EuGH hat zwar nicht ausgeschlossen, dass ein solches berechtigtes Interesse bestehen kann (z.B. für Netzwerksicherheit), doch bloße Bereitstellung von Werbung wiegt nicht stärker als die Rechte der Nutzer. Somit dürfen Unternehmen nur mehr Werbung schalten, wenn eine freiwillige Einwilligung (ja/nein) vorliegt.

Max Schrems:"Dies ist ein schwerer Schlag für Meta, aber auch für andere Online-Werbeunternehmen. Es stellt klar, dass verschiedene juristische Ansätze der Branche zur Umgehung der DSGVO null und nichtig sind."