Netflix, Spotify & YouTube: Acht strategische Beschwerden zum "Recht auf Auskunft" eingereicht

Data Subject Rights
 /  Tue, 08.10.2019 - 14:57
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Beschwerden gegen:

Recht auf Zugriff. Mit der neuen Datenschutz-Grundverordnung ("DSGVO") erhalten die Nutzer:innen ein "Recht auf Zugang". Den Nutzer:innen wird das Recht eingeräumt, eine Kopie aller Rohdaten, die ein Unternehmen über den sie besitzt, sowie zusätzliche Informationen über die Quellen und Empfänger der Daten, den Zweck, zu dem die Daten verarbeitet werden, oder Informationen über die Länder, in denen die Daten gespeichert sind und wie lange sie gespeichert werden, zu erhalten. Dieses "Recht auf Zugang" ist in Artikel 15 DSGVO und Artikel 8 Absatz 2 der Grundrechtekarte verankert.

Acht von acht Verstößen. noyb (eine europäische gemeinnützige Organisation zur Durchsetzung der Privatsphäre) hat das Gesetz und acht Online-Streaming-Dienste aus acht Ländern auf den Prüfstand gestellt - aber kein Dienst ist vollständig erfüllt. In acht von acht Fällen hat noyb heute formelle Beschwerden bei den zuständigen Datenschutzbehörden eingereicht. Alle großen Anbieter haben sogar "strukturelle Gesetzesverstöße" begangen, sagt Max Schrems, Vorsitzender von noyb.

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Max Schrems, Vorsitzender von noyb: "Viele Dienste richten automatisierte Systeme ein, um auf Zugriffsanfragen zu reagieren, aber sie liefern oft nicht einmal die Daten, auf die jeder Benutzer ein Recht hat. In den meisten Fällen erhielten die Benutzer nur die Rohdaten, aber z.B. keine Informationen darüber, an wen diese Daten weitergegeben wurden. Dies führt zu strukturellen Verletzungen der Nutzerrechte, da diese Systeme so aufgebaut sind, dass sie die relevanten Informationen zurückhalten."

DAZN und SoundCloud haben die Anfrage einfach ignoriert. Während alle anderen Streaming-Dienste zumindest in Ansätzen auf die Anfrage der Nutzer:innen nach Zugang zu ihren Daten reagiert haben, haben der britische Sport-Streaming-Dienst "DAZN" und der deutsche Musik-Streaming-Dienst SoundCloud noch nicht einmal geantwortet.

Fehlende Informationen und unverständliche Rohdaten. Die übrigen Streaming-Dienste haben zumindest einige Rohdaten als Antwort auf die Zugangsanfragen geliefert. In diesen Antworten fehlten jedoch Hintergrundinformationen, etwa zu den Quellen und Empfängern der Daten oder dazu, wie lange die Daten tatsächlich gespeichert werden ("Speicherfrist"). In vielen Fällen wurden die Rohdaten in kryptischen Formaten zur Verfügung gestellt, die es einem durchschnittlichen Benutzer extrem schwer oder sogar unmöglich machten, die Informationen zu verstehen. In vielen Fällen fehlten auch bestimmte Arten von Rohdaten.

10 Beschwerden wurden heute eingereicht. noyb hat heute bei der österreichischen Datenschutzbehörde (dsb.gv.at) im Namen von 10 Nutzer:innen Beschwerden gegen 8 Unternehmen eingereicht. Die österreichische Behörde wird mit den zuständigen Behörden der Hauptniederlassung jedes Streaming-Dienstes zusammenarbeiten müssen. Da die Datenschutz-Grundverordnung 20 Millionen Euro oder 4 % des weltweiten Umsatzes als Strafe vorsieht, könnte die theoretische Höchststrafe für die 10 Beschwerden 18,8 Milliarden Euro betragen.

Transparenz ist ein Eckpfeiler. Das Recht auf Auskunft ist ein Eckpfeiler des Datenschutzrahmens. Nur wenn sich Nutzer:innen ein Bild davon machen können, wie und warum ihre Daten gespeichert oder weitergegeben werden, können sie realistischerweise Verstöße gegen die Datenschutzgrundverordnung aufdecken und folglich Maßnahmen ergreifen.

Jeder kann einen Antrag stellen. Alle Nutzer:innen haben das Recht, eine Kopie ihrer Daten zu erhalten und zusätzliche Informationen zu bekommen. In der Regel können die Nutzer:innen ein Formular ausfüllen oder eine E-Mail an die meisten Dienste schicken. noyb hat die Links und Formulare für die wichtigsten Streaming-Dienste auf seiner Website gesammelt, damit jeder sie nutzen kann.

noyb holt den Datenschutz auf dein Telefon. Artikel 80 der Datenschutz-Grundverordnung sieht vor, dass sich betroffene Personen durch eine gemeinnützige Vereinigung vertreten lassen können, da einzelne Nutzer:innen in der Regel nicht in der Lage sind, die entsprechenden Klagen einzureichen. In diesem Fall werden alle zehn Nutzer:innen von der gemeinnützigen Organisation noyb vertreten. Schrems: "noyb soll das neue Gesetz vernünftig durchsetzen, damit die Vorteile auch bei den Nutzern ankommen."